Der Mahlstein
Ein Mahlgang besteht immer aus zwei Mahlsteinen; einen fest liegenden Bodenstein und den sich auf dem Bodenstein drehenden Läuferstein. Zwischen den beiden Steinen, oder genauer, zwischen den Mahlflächen der beiden Steine, findet der Mahlvorgang statt.
Die Mahlfläche beider Steine fällt ab einer gewissen Entfernung vom Außenrand gleichmäßig nach innen in einem flachen Winkel ab. Diese Vertiefung im inneren Teil des Mahlsteins nennt man Schluck. Der Schluck ist ein Hohlraum in der Mitte der beiden aufeinander liegenden Mahlsteine, der die Zuführung des Mahlgutes zur Mahlfläche sicherstellt.
Das Material des Mahlsteins
Für die unterschiedlichen Materialien, aus denen ein Mahlstein bestehen kann, existieren mühlenfachsprachliche Bezeichnungen wie z. B.:
Franzose:
Süßwasserquarz. Höchste Qualität, Fundort meist La Ferté-sous-Jouarre, Frankreich, daher auch Champagnerstein, für höchste Mehlqualitäten eingesetzt.
Jonsdorfer Sandstein:
In den Mahlsteinbrüchen von Jonsdorf (Sachsen) wurden sehr hochwertige Mahlsteine gebrochen. Der Sandstein in dieser Gegend wurde durch vulkanischen Einfluss gehärtet (gefrittet) und zeigt ähnlich gute Mahlqualität wie die französischen Steine.
Blauer oder Deutscher:
Poröse Basaltlava, für mittlere Qualitäten. In den Steinbrüchen im Raum Mendig und Mayen wurden seit dem Mittelalter, teils auch schon in vorgeschichtlicher und römischer Zeit Mahlsteine aus Tephritlava hergestellt.
Oder das Material wird explizit genannt, wie:
Porphyr und Granit:
Hart und sehr porös, für hohe Qualitäten.
Sandsteine:
Harte Sandsteine. Niedere Qualität. Wegen mehr oder weniger starkem Abrieb nur für Futterschroterei eingesetzt.
Ab Anfang des 20. Jahrhunderts wurden je nach Verwendungszweck künstlich aufgebaute Steine (Kunststeine) produziert.
Die Mahlfläche des Mahlsteins
In die Mahlfläche werden Rillen (Luftfurchen, Furchen) gehauen. Die seitlich der Furchen unbehauenen Flächen heißen Mahlbahnen. Die Furchen nehmen das Getreide auf und transportieren es durch den durch die Drehbewegung entstehenden Luftzug nach außen. Dabei werden die Getreidekörner gebrochen und zerquetscht, und sie gelangen zu den Mehlbahnen. Zwischen den Mehlbahnen des Untersteins und des Läufers findet der eigentliche Mahlprozess statt. Das Mehl fällt schließlich aus dem Mahlgang heraus und wird in Richtung Absackvorrichtung transportiert.
Die Oberfläche des Mahlsteines wird grob in drei Bereiche geteilt. Von der Steinmitte (Auge) aus gesehen wird im ersten Drittel das Getreide gerollt und gequetscht. Im zweiten Drittel wird es gebrochen und erst im letzten Teil der Fläche, also außen, wird es gemahlen. Daher muss der Stein auch dementsprechend gehauen werden. Die Furchen werden von der Mitte aus gesehen immer flacher.
Bei guten Mahlsteinen haben die Luftfurchen auf der einen Seite eine steile Kante während die andere Kante flacher ist. Das Mahlgut gleitet durch den Luftzug langsam die flache Kante hinauf zwischen die Steine und wird dort zermahlen.
Je nach Windstärke, drehen sich die Flügel und damit auch der Mahlstein unterschiedlich schnell. Bei einer höheren Umdrehungszahl des Mahlsteins wird das Korn schneller nach außen befördert und die Mahlqualität sinkt. Um dem entgegenzuwirken, wird ein Regulator (Fliehkraftregler) über die Königswelle angetrieben. Der Regulator besteht aus zwei Kugeln. Bei höherer Drehgeschwindigkeit bewegen sich die Kugeln auseinander und über einen Mechanismus wird der Abstand zwischen Bodenstein und Läufer im Zehntelmillimeterbereich verringert. Das Korn verweilt so länger zwischen den Steinen; die Mahlqualität steigt. Im umgekehrten Fall, wenn die Windstärke plötzlich abnimmt, dreht sich der Regulator langsamer, die Kugeln bewegen sich aufeinander zu, der Abstand zwischen den Steinen wird größer, und es wird so verhindert, dass das Korn zu lange zwischen Steinen verweilt..
Da die Mahlsteine beim Mahlvorgang langsam abnutzen, müssen sie regelmäßig nachgeschärft werden. Dazu werden zunächst mit dem Kraus- oder Stockhammer alle Mahlbahnen beschlagen und aufgerauht. Mit dem Bicken- oder Billenhammer werden anschließend die Luftfurchen nachgeschlagen.
Die Luftfurchen auf dem Mahlstein können verschieden angeordnet sein. Dies bezeichnet man als Steinschärfung. Am häufigsten sind die geradlinige Felderschärfe und die Bogen- oder Kreisschärfe. Boden- und Läuferstein haben dieselbe Schärfe. Wenn beide Steine aufeinandergelegt werden, schneiden sich die Luftfurchen. Bei Drehung des Läufersteins entsteht ein Schnitt ähnlich wie es z. B. bei der Schere der Fall ist.