Demnächst: Lebendiger Adventskalender am 10. Dezember 2024 in der Mühle

Die Geschichte der Eddelaker Mühle „Gott mit uns“ 

Das aus den Bauerschaften Warfen und Behmhusen bestehende Kirchdorf Eddelak besaß bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts keine eigene Mühle. In den beiden Ortsteilen standen 1800 insgesamt 28 Häuser, deren Bewohner ihr Getreide hauptsächlich zur Dinger Mühle brachten und auch die Mahlprodukte von dort bezogen. Erst mit der allmählichen Vergrößerung des Kirchdorfes, die nun einsetzte, erschien ein eigener Mühlenbetrieb lohnenswert.

In St. Michaelisdonn stand Christian Harms einer Bockmühle vor, die seine Erben 1797 verkauften. Die väterliche Erbschaft ermöglichte es dem jüngeren Sohn, Claus Harms, dem späteren Oberkonsistorialrat in Kiel, den Donn zu verlassen und seine wissenschaftliche Ausbildung zu beginnen. Sein acht Jahre älterer Halbbruder Christian Harms, der bisher als Geselle auf der väterlichen Mühle gearbeitet hatte, war gezwungen, sich ein neues Auskommen zu suchen. Von 1799 bis 1801 bewirtschaftete er die Mühle in Kleinhastedt, bis er von dem geplanten Verkauf der in Meldorf an der Südermiele, auch Waschau genannt, stehenden Stampfmühle Kenntnis erhielt. Mit den Verkäufern, zu denen die   Kaufleute   Hans  Hargens, Berckhahn,  Johann Diederich Jacob Kirssen,  Hans Bruns,  Hans Hinrich Witt  und  die Frau des Amtsbäckers Johann Ludewig Schmidt gehörten, wurde er handelseinig. Im Kaufvertrag vom 15. Januar 1802 verpflichtete sich der angehende Mühlenbesitzer, dass er die Mühle alsofort abbrechen laße und von der Stelle nehme. Bei Abholung der Windruten hatte Harms eine Anzahlung von 200 Mark zu leisten, der Rest des relativ günstigen Kaufpreises von 550 Mark war nach dem Abbruch und dem Abtransport aller Materialien zu zahlen. In Meldorf hatte die Mühle dem Weichstampfen der von Gerbereien gelieferten Häute gedient, Christian Harms ließ sie zur Kornwindmühle umrüsten und in Eddelak wieder aufbauen. Zu diesem Zweck erwarb er von dem Bauern Frenz Süel am 1. Februar 1802 einen im Warfener Teil des Kirchdorfes gelegenen, unbebauten Platz nahe beim Fleth. Der Besitz gehörte ihm allerdings nicht lange, nur vier Jahre später starb Christian Harms nach dreiwöchiger Krankheit im November 1806. Seine Witwe Beata, geb. Hueß, verkaufte fünf Jahre später das Anwesen an ihren Bruder Claus Hueß aus Kannemoorfelde im benachbarten Kirchspiel Marne. 31 Jahre lang, bis zu seinem Tod, führte er die Mühlengeschäfte. Den Nachfolger, seinen ältesten Sohn Johann Peter, hielt es nur fünf Jahre auf der Mühle.  Im Jahre 1847 veräußerte er den Besitz einschließlich Wohnhaus, Garten und Mühle für 10.000 Mark an seinen späteren Schwiegervater, den Brauer und Brenner Franz Scheelhaase aus Behmhusen Während seiner zehnjährigen Besitzerschaft verpachtete Scheelhaase – selbst kein Fachmann – die Mühle. Auch sein Nachfolger Peter Hinrich Ohlhues, der den Besitz 1857 übernahm, vergab den Mühlenbetrieb in Pacht an den Müller Johann Thießen, den späteren Besitzer der Kattrepeler Mühle. Erst 1863 war mit Martin Friedrich Egge wieder ein Müller Besitzer. Geschäftsorientiert ließ er die weniger leistungsfähige Bockmühle ein Jahr nach seinem Dienstantritt am 1. Februar 1864 abbrechen und durch einen vom Mühlenbauer Hans Suhr aus Krumstedt erbauten Galerieholländer ersetzen, der den Namen „Gott mit uns“ bekam.

Drei reiche Heiraten  begründeten den Wohlstand des Müllers Egge, jede seiner Frauen soll 25.000 Mark mit in die Ehe gebracht haben. Eine seiner Töchter, Sophie Hansen, erzählte, dass ihr Vater aber viel Verständnis für weniger Begüterte zeigte: Konnte jemand seine Rechnung nicht bezahlen, neigte er dazu, „einen Strich durch die Rechnung zu machen“.   Seine   Mahlkunden   dankten  es  ihm   zum  25-jährigen Geschäftsjubiläum mit einer Anzeige in der „Marner Zeitung“:
Unserem  Freund  Martin  Friedrich  Egge  zu seinem heutigen Jubiläum ein dreifach donnerndes Hoch, daß die ganze Mühlenstraße wackelt und er vor Angst in die Mühlenkappe kriecht. Ob he sick wull wat marken lett? Einige durstige Seelen aus Eddelak. 
Krankheits- und altersbedingt bemühte sich Müller Egge ab 1903 um einen Käufer. Auf die Anzeigen meldete sich kein Interessent, aber Egge, fortschrittlich orientiert, ließ dennoch 1905 einen eisernen Pass einbauen und ein Jahr später eine eiserne Flügelwelle. Aber auch die technischen Neuerungen und der in den Verkaufsanzeigen betonte gute Umsatz wirkten sich auf das Verkaufsangebot zunächst nicht günstiger aus. Erst Ende 1906 wurde in den „Itzehoer Nachrichten“ ein Besitzerwechsel angezeigt. Müller Egge hatte sein Mühlenanwesen dem Vernehmen nach für 29.000 Mark an den Müllergesellen Jacob Haalck aus Burg zum 1. März 1907 veräußert.

Der Sohn von Jacob, Albert Haalck (senior), erzählte über seinen Vater, dass dieser als Junge in der Schule wiederholt Kopfschmerzen vortäuschte, um vom Lehrer nach Hause geschickt zu werden. Dem Unterricht entkommen, rannte er auf die benachbarte Mühle, um dort bei der Arbeit zu helfen. Kein Wunder, dass er bei Johann Friedrich Karstens auf der Hohen Mühle in Burg das Müllerhandwerk erlernte.

Auch wenn die Eddelaker Mühle bis Mitte der 1970er Jahre hauptsächlich mit Windbetrieb lief, schaffte Jacob Haalck schon 1908 einen Benzinmotor als Hilfsantrieb an. Vier Jahre später wurde der zu schwache Antrieb durch einen Naphtalinmotor ersetzt. Die Mühleneinrichtung wurde 1930 durch den Einbau einer Mischmaschine vervollständigt, 1934 kamen Speicheranbauten hinzu, die drei Seiten des Achtkants umschlossen.

Während des Zweiten Weltkrieges, als Albert Haalck zum Militärdienst einberufen war, führten sein Vater und seine Frau den Betrieb. Nach dem Krieg – wie schon nach dem Ersten Weltkrieg – wurde Mehl hergestellt. Vater und Sohn arbeiteten, wenn der Wind es zuließ, in zwei Schichten von morgens oft bis in die Nacht. Zwar gab es den 1937 eingebauten Dieselmotor, der unabhängig vom Wind bequemere Arbeitszeiten zugelassen hätte, aber aus Kostengründen kam er nur bei Windstille zum Einsatz.

Obwohl  Albert Haalck mit großer Sorgfalt die „Gott mit uns“ in Stand hielt wurden die Einnahmen aus dem Kleinmühlenbetrieb von den zunehmend höheren Reparaturen verschlungen. Deshalb gab Albert Haalck, nachdem 1975 ein Sturm alle Hecken eines Flügels abgerissen hatte und 1976 die Windrose schwer beschädigt wurde, den Windbetrieb auf. Bis zur Stilllegung des Betriebes 1983 übernahm der Dieselmotor den Antrieb. Danach stand die Mühle einige Jahre ungenutzt. Im Rahmen der Dorfsanierung wurde sie 1986 ins Denkmalbuch eingetragen. 1987 folgte eine aufwändige Sanierung, die den kompletten Neubau der Mühlenkappe, des Reetdaches, die Instandsetzung des Mauerwerkes sowie eine neue Galerie umfasste. Die seit Jahrzehnten unveränderte reichhaltige Ausstattung blieb glücklicherweise unangetastet. Als Abschluss dieser Maßnahme montierte man statt der innovativen Technik des 19. Jahrhunderts, den Jalousieflügeln, Segelgatterflügel.

Um den Erhalt der Mühle zukünftig zu sichern, wurde 1990 auf Initiative des Zimmermanns Heinz Nickels der Mühlenverein Eddelak gegründet. Mit Hilfe der Mitgliedsbeiträge, den Einnahmen aus der Vermietung des Trauzimmers, den jährlichen Veranstaltungen und Spenden ist es gelungen, die Mühle in Stand zu halten. Im Jahr 2002 wurde ein Schaden am so genannten oberen Taflement sichtbar. Als Folge schrammten die Flügel an der Verkleidung entlang. Um das Problem zu beheben wurden Kappe und Flügel 2006 demontiert. Bei dieser Sanierung erhielt die Mühle wieder ihre ursprünglichen Jalousieflügel.


Die Geschichte ist nicht zu Ende - es geht weiter...

Ohne die tatkräftige und beratende Unterstützung der Nachfahren und Erben von Albert Haalck (senior), seines Sohnes Albert Haalck (junior), gelernter Müller, und seines Enkels Hauke Haalck, Besitzer der Mühle, und ohne die anpackende Unterstützung der Urenkel und der Mitglieder des Vereins, wäre  die Aufrechterhaltung des sehr guten Zustandes der "Gott mit uns" nicht möglich.

Die Mühle ist,  bei aller sentimentalen Rückschau, eine High-Tech-Anlage, errichtet zur Gewinnmaximierung vor über hundert Jahren. Auch kleine Reparaturen und Instandhaltungen sind aufwändig und müssen unter den heutigen gesetzlichen Anforderungen technisch und verfahrensrechtlich geplant und von Fachpersonal durchgeführt werden.

Unterstützen heißt Freude erzeugen...

Glück zu...
Euer
Rainer...

Die Geschichte der Eddelaker Mühle und fast aller anderen Dithmarscher Mühlen ist nachzulesen in Hans Peter Petersens und Sandra Scherreiks' Buch

 „Mühlengeschichte Dithmarschens“.

Hans Peter Petersen / Sandra Scherreiks

MÜHLENGESCHICHTE
DITHMARSCHENS

Herausgegeben vom
Verein für Dithmarscher Landeskunde e. V.

ISBN 3-8042-1173-9
ISBN 978-3-8042-1173-5
2006 Boyens Medien GmbH & Co. KG, Heide