Jalousieklappenflügel

Einen erheblichen Fortschritt zum Segelflügel bilden die Jalousieklappenflügel, auch einfach Jalousie- oder Lamellenflügel genannt. Sie verbreiteten Sich in Deutschland ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die bis dahin übliche Bespannung der Flügel mit Segeltüchern oder das Einsetzen von Türen wird hier durch federgesteuerte Jalousieklappen ersetzt. Sie wurden mit einem Gestänge bedient und konnten bei wechselnden Windverhältnissen sicher und schnell gesteuert werden.

Beim Jalousieflügel wird das Haupt-, teilweise auch das Vorheck durch zahlreiche hölzerne oder metallene Jalousieklappen (Lamellen) gebildet, die parallel zu den Heckscheiten angebracht sind. Wenn sowohl Haupt- als auch Vorheckmit Jalousieklappenausgestattet sind, wird dies als Volljalousie bezeichnet. Eine Zugstange, je nach Konstruktion auf der Vorder- oder auf der Rückseite, verbindet alle Jalousieklappen eines Flügels miteinander. Dadurch können sie gleichmäßig geöffnet oder geschlossen werden, um so die Windangriffsfläche zu vergrößern oder zu verkleinern. Sind die Klappen geschlossen, bilden sie wie beim ausgerollten Segel die größte Angriffsfläche. Eine stufenlose Öffnung der Klappen ermöglicht die individuelle Anpassung des Flügels an die jeweiligen Windverhältnisse, ohne dass dazu die Mühle angehalten werden muss. Jalousieflügel können also bei laufendem Betrieb reguliert werden. Für den Müller stellte dies in mehrfacher Hinsicht eine Erleichterung dar. Neben der Regulierung bei laufendem Betrieb war es nun auch möglich, eine gleichmäßigere Drehzahl und optimale Leistungsabgabe zu erreichen als beim bedienungsaufwendigen Segelflügel.

Die Zugstangen der Jalousieklappen werden gleichmäßig über einen Verstellmechanismus reguliert, der am Wellkopf der Flügelwelle angebracht ist. Dieser Mechanismus wird aufgrund seines Aussehens auch als Spinne bezeichnet. Bedient wird der gesamte Mechanismus in der Regel auf der flügelabgewandten Seite der Mühle. Mit langen Ketten und einem Hebelsystem kann in der auf voller Länge durchbohrten Flügelwelle eine Zugstange verschoben werden, die mit der Spinne am Wellkopf verbunden ist. Wird diese Zugstange in Richtung Flügelkreuz nach außen geschoben, zieht die Spinne die Zugstangen der Jalousieklappen zum Wellkopf hin und die Klappen schließen sich. Umgekehrt öffnen sich die Klappen, wenn ihre Zugstangen zur Flügelspitze hin verschoben werden.
Diese Konstruktion bringt einen weiteren Vorteil mit sich. Bei zunehmender Umdrehungsgeschwindigkeit des Flügelkreuzes in Folge stärkeren Windes wandern die Zugstangen der Jalousieklappen bedingt durch die Fliehkraft nach außen in Richtung Flügelspitze und öffnen so automatisch und gleichmäßig alle Klappen. Der zunehmende Winddruck wirkt zusätzlich öffnend auf sie. Ein Gewicht am Ende der Regulierungsketten sorgt dafür, dass die Klappen bei nachlassendem Wind wieder ganz oder teilweise geschlossen werden.

Um eine einwandfreie Funktion dieses selbstregulierenden Systems zu erreichen, bedarf es, neben sauberer handwerklicher Arbeit des Mühlen- bzw. Flügelbauers, einer ständigen Wartung und Pflege sämtlicher beweglicher Teile des Klappensystems durch den Müller. Heute sind diese Grundvoraussetzungen leider nur noch selten zu finden.

Eine Abwandlung des Jalousieflügels mit Regulierung über eine Zugstange bilden Systeme, bei denen die Klappen durch Federkraft geschlossen werden, der Federjalousieflügel. Die Veränderung der Windangriffsfläche erfolgt ähnlich wie bei dem bereits beschriebenen Klappenflügel. Überschreitet das Flügelkreuz durch zunehmenden Wind die Nenndrehzahl, so öffnen sich die Klappen durch Fliehkraft, da die Zugstangen nach außen wandern. Nimmt der Wind wieder ab, so zieht eine Feder die Klappen über die Zugstangen wieder zu. Die wirkende Federkraft muss dabei der Bewegungsrichtung der Klappen entsprechen. Ausschlaggebend für den Betrieb der Mühle ist, wie eine dauerhafte Öffnung der Klappen bei einem Außerbetriebnehmen erfolgen kann. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine einfache besteht darin, dass es am äußeren Ende eines Flügels einen Regulierhebel gibt, über den die Öffnung erfolgt. Dazu muss die Mühle jedoch unter Volllast angehalten werden.

Die Federjalousie, aber auch andere ähnliche Systeme, sind heute kaum noch zu finden. Zuweilen lassen sich Spuren nachweisen, z. B. der Halbmondhebel an der Windwand oder spezielle Federn, die in der Mühle lagern. Es gab auch Neubauversuche, die in ihrer Funktionsweise aber nur zum Teil befriedigend arbeiteten.

 


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