Paltrockwindmühle

Über die Herkunft der Bezeichnung Paltrockmühle gibt es bis heute unterschiedliche Erklärungen. Die wahrscheinlichste bezieht sich auf das fast bis zum Erdboden heruntergezogene Mühlengehäuse, das dem Mantel ähnelt, den Pfälzer Einwanderer im 17. Jahrhundert in die Niederlande brachten. Aus „Pfalzrock“ wurde im Laufe der Zeit Palzrok und Paltrok (Niederländisch) sowie Palzrock und Paltrock (Niederdeutsch).

In Deutschland entstanden Paltrockwindmühlen fast ausschließlich durch Umbau und Vergrößerung von Bockwindmühlen. Der Bock wurde entfernt, der Mühlenkasten nach unten verlängert und das Mühlengebäude auf einem Rollenkranz drehbar gelagert. Von Ausnahmen abgesehen, erhielten Paltrockwindmühlen durch das gemauerte Ringfundament ein zusätzliches, meist verbreitertes Geschoss. Manche Paltrockwindmühle erhielt darüber hinaus eine rückwärtige Verlängerung des gesamten Gehäuses, wodurch weiterer Raum für Maschinen und größere Lagerkapazitäten geschaffen wurden. Die Festsetzung des drehbaren Gebäudes auf vier Eckpunkte schafft eine höhere Stabilität als bei der Bockwindmühle, die auf nur einem Punkt ruht. Um eine wetterunabhängige Annahme und Abgabe von Getreide und Mahlgut zu gewährleisten, hat fast jede Paltrockwindmühle an der flügelabgewandten Seite eine überdachte Rampe, die mit dem Gebäude bewegt werden kann.

Die allgemeine technische Entwicklung brachte es mit sich, dass deutsche Paltrockwindmühlen hinsichtlich Antrieb und Ausstattung auf dem neuesten technischen Stand waren. Die Vordrehung des Mühlengebäudes erfolgte im Allgemeinen durch eine Windrose, nur sehr wenige Exemplare behielten nach Umbau noch den Steert der Bockwindmühle. An die Stelle der Segelflügel traten die Jalousie- oder Ventikantenflügel.

Auch bei der Kraftübertragung finden sich oft sehr moderne Lösungen. In einigen Fällen erfolgt die Übertragung der Windkraft von der Flügelwelle auf Maschinen·im Mühleninneren zwar noch wie bei Bockwindmühlen (Kammrad und Stockgetriebe). Bei den weiter verbreiteten moderneren Varianten wird die Windkraft über ein Vorgelege vom Kammrad abgenommen und mit einem Seil- oder Flachriementrieb an der Windwand bis auf die Haupttransmission im Keller oder Erdgeschoss übertragen. Von dort aus werden die Mahlmaschinen, über Nebentransmissionen die weitere technische Ausstattung angetrieben. Oft sind diese Antriebe in Gruppen geteilt (Reinigung, Mahlung und Mischerei), um je nach Bedarf Anlagenteile zu- oder abschalten zu können. Eine Haupttransmission bietet die Möglichkeit, über einen Hilfsmotor die gesamte Anlage auch bei Flaute zu betreiben. Durch die Anordnung der Mahlmaschinen in der unteren Hälfte des Bauwerkes verlagert sich der Schwerpunkt nach unten (größere Standsicherheit) und es entsteht Platz für Vorratsbehälter über den Mahlungen. Ferner verringert sich der Transportaufwand, da nach einer Mahlung das Gut nach oben transportiert und erst dort durch Siebe in die einzelnen Fraktionen getrennt wird. Die Siebübergänge laufen selbsttätig über ein Rohrsystem der nächsten Mahlung zu, die Passagenmehle werden manuell oder automatisch der Mischerei zugeführt. Annahme und Aufgabe der Rohware sowie die Abpackung der fertigen Produkte erfolgen im Erdgeschoss. Im Charakter gleicht eine derart eingerichtete Mühle einer kleinen „Mehlfabrik auf Rädern“.

Mit der Paltrockmühle hatte die Entwicklung im deutschen Windmühlenbau ihren Abschluss gefunden. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Paltrockwindmühlen gebaut. Häufig wurden bestehende Windmühlenbetriebe modernisiert, die so mit den Holländermühlen wieder konkurrieren konnten.


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